"Körper, Geist und Seele bilden eine Einheit" ist ein Grundprinzip in der Osteopathie. So ist es ganz natürlich, dass ich in meiner täglichen Praxis als Therapeutin nach diesem Prinzip arbeite und bestmögliche Impulse von außen gebe, um eine neue Körper-Geist-Seele Balance meiner Patientinnen und Patienten zu unterstützen.
Das was ist der Praxis so selbstverständlich ist, ist es im Alltag längst nicht. Beziehungsweise, war mir das lange Zeit gar nicht bewusst. Im Gegenteil war ich sehr stolz auf mich, dass ich es seit Jahren schaffte nahezu täglich meine Yogamatte auszurollen, um in meine körperliche Balance zu kommen, zentriert und in mir balanciert den Tag zu starten und damit auch meinen Schülerinnen & Schülern und Patientinnen & Patienten als ruhender Pol entgegenzutreten. Schon im Osteopathiestudium lernten wir uns vor der Behandlung selbst zu zentrieren, mit dem Erdmittelpunkt zu verbinden, mit beiden Füßen fest am Boden zu stehen, um nicht unsere eigenen Themen mit in die Behandlung einfließen zu lassen.
Auch beim Yoga wollen wir Körper, Geist & Seele in Einklang bringen durch die Asana Praxis (Körper), Pranayama (Geist) und Meditation (Seele). Daher habe ich gar nicht hinterfragt, dass ich Körper-Geist-Seele in meinem Alltag nicht leben könnte. Ich dachte lange, allein durch die Yogapraxis, die ja alle 3 Ebenen abdeckt, bin ich ganzheitlich gut unterwegs.
Und dann hatte ich DIE Eingebung. Mitte Oktober 2024 kam ich gerade von einer Weiterbildung der gynäkologischen Osteopathie zurück und plötzlich hatte ich Fragen im Kopf - obwohl die Themen der Weiterbildung ganz woanders lagen. Doch irgendwas scheint sie angestoßen zu haben. Körper, Geist, Seele, dachte ich. Was bedeutet das für mich? Für und in meinem Alltag? Ganz schnell kamen mir Antworten und es fiel mir wie Schuppen von den Augen.
Ich muss Körper, Geist, Seele für mich nochmal völlig neu definieren, dachte ich! Mir wurde schnell klar, dass ich in den letzten Monaten oder sogar Jahren meinen Fokus hauptsächlich (in meiner Definition) auf den Körper gelegt hatte. Meine tägliche Yogapraxis zentrierte und balancierte mich, ich nahm mir täglich 20 bis 90 Minuten "me time" (Balletttraining, joggen gehen / Sport machen nicht mit eingerechnet). Doch trotzdem fühlte ich mich rastlos, hatte gefühlt nie genug Zeit und war zwar in Teilen meines Lebens wie Arbeit, Partnerschaft, Freunde & Familie glücklich und erfüllt, doch es fehlte irgendwie etwas. Seit einem Jahr ging ich täglich an unserem Klavier vorbei und hatte die größte Sehnsucht zu üben, doch ich sagte mir, ich habe gerade Wichtigeres zu tun. Mein Stapel mit Büchern wurde immer größer und ich wollte unbedingt etwas lesen, doch ich sagte mir, ich habe gerade Wichtigeres zu tun. Meine Fortbildungsunterlagen warteten auf meinem Schreibtisch, um nachbearbeitet zu werden, doch ich sagte mir, ich habe gerade Wichtigeres zu tun. Stopp. Diese Dinge sind mir offensichtlich aber wichtig! Was, wenn ich versuche, jeden Tag Körper, Geist, Seele zu leben? Wie würde es mir dann gehen? Schnell hatte ich Körper, Geist, Seele für mich und meinen Alltag neu definiert.
Körper steht für mich für die Arbeit mit dem Körper. Yoga, Körperarbeit, bestimmte Übungen, die mein Körper gerade braucht, um gesund zu bleiben oder alte Beschwerden stabil zu halten (dazu können z.B. auch Physio-Übungen gehören). Sport wie joggen, Ballett, tanzen, walken, etc. zähle ich persönlich übrigens nicht dazu! Das ist in meinem Alltag ohnehin fest integriert.
Geist steht für mich für Wissensaneignung, Lernen. Fach-und Sachbücher lesen, Wissens-Podcasts hören, Fortbildungs-Unterlagen durchlesen, bzw. nacharbeiten, in Fachliteratur nachschlagen und wiederholen / lernen.
Seele steht für mich für Kreatives & Leidenschaft. Klavierspielen, Journaling / kreatives Schreiben, zeichnen & malen, fotografieren, ein normales Buch lesen, basteln / kreieren, backen.
Und dann fing ich einfach an. Seit Mitte Oktober priorisiere ich mich jeden Morgen selbst und kümmere mich um meine Körper-Geist-Seele-Routine. Am besten funktioniert das übrigens, wenn das Handy morgens im Flugmodus bleibt - so lange bis man seine "me time" absolviert hat und bereit ist, sich wieder der Arbeit, dem Alltag und allen Aufgaben zu widmen.
Und was soll ich sagen? Seit Mitte Oktober habe ich täglich meine Yogapraxis absolviert, Klavier geübt und etwas gelernt / mir Wissen angeeignet. Und es hat so einen enormen Unterschied gemacht. Ich hatte keinen Stress mehr bei der Arbeit / den restlichen Aufgaben meines Tages und hatte nicht dieses innere Gefühl, noch ganz viel heute schaffen zu müssen. Ich konnte abends besser zur Ruhe kommen und eher Feierabend machen - ohne dieses Gefühl, noch etwas machen zu müssen. Denn oft kommen wir nicht zur Ruhe, weil noch etwas fehlt, unser Tag vielleicht nicht vollends erfüllend war und dann am Abend dafür kompensiert wird (z.B. das Handy nicht weglegen zu können oder den Laptop nicht zuzuklappen und dann zu spät im Bett zu landen) ohne zu wissen, was eigentlich gefehlt hat.
Probier es doch auch mal aus, dich täglich zu priorisieren und deine Körper-Geist-Seele-Routine zu etablieren. Dabei kannst du Körper, Geist und Seele ganz persönlich für dich definieren. Vielleicht hast du einen Bürojob und sitzt sehr viel. Dann ist dein Körper Anteil vielleicht täglich spazieren zu gehen (z.B. indem du 3 Stationen früher aus der Bahn steigst und den Rest des Weges zu Fuß gehst) oder Fahrrad zu fahren. Vielleicht ist dein Geist Anteil Schach zu spielen und dein Seele Anteil ist morgens ungestört einen Tee zu trinken. Es geht darum, herauszufinden, was dir wichtig ist und dir Energie und Kraft schenkt und diese Dinge täglich zu priorisieren. Und das muss nicht stundenlang sein. Wenige Minuten reichen oft aus - wobei, wenn du dir deine Handy Screen Time mal anschaust, kommen da sicher täglich mehr als ein paar Minuten heraus, die du evtl. stattdessen in dich investieren könntest. Und wenn du an einem Tag mal nicht alle 3 Anteile umsetzten konntest, ist das nicht schlimm. Du weißt, was dir gut tut und kommst automatisch zurück zu deiner Routine. Am Anfang empfehle kleine Schritte zu gehen und dir realistische und zeitlich umsetzbare Ziele für deine Körper-Geist-Seele-Routine zu setzen, die du für mehrere Wochen durchzuziehen kannst, denn dann wirst du den Effekt am größten spüren und möchtest einfach wieder dahin zurückkehren, sollte die Umsetzung mal nicht so gut geklappt haben. Und glaub mir, es wird Zeiten geben, da überschlägt sich unser Alltag und wir sind froh, wenn wir einen Anteil am Tag umsetzen konnten und das ist völlig ok. Wichtig ist zu wissen, was dir gut tut und was du brauchst, deine persönlichen Bedürfnisse zu kennen und diese immer wieder zu versuchen in deinen Alltag zu integrieren.